Übersicht der Fortbildungskurse
18. Mai 2022 | 08:30-11:15 Uhr
Referentin: Sabine Müller
Zielgruppe: Ärzt*innen, Therapeut*innen, Pflegekräfte, welche im Arbeitsalltag mit Zwangsmaßnahmen konfrontiert sind.
Methoden: Strukturierter Input, abwechslungsreich gestaltete Wissensvermittlung angepasst an gewünschte Schwerpunkte und Vorwissen, aktiver Einbezug der Teilnehmer*innen mit ihren jeweiligen Arbeitsfeldern/Erfahrungen, Handouts.
Abstract: Nicht nur das Wissen um das Risiko der Traumatisierung von Patienten und Personal, sondern auch historische, ethisch-moralische und fachliche Aspekte bedingen die durchgehend hohe Relevanz des Themas. Das Bild der Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Öffentlichkeit, die Stigmatisierung der betroffenen Patientinnen und Patienten, das Selbstbild der Patientinnen und Patienten sowie deren Familien und nicht zuletzt der Krankheitsverlauf stehen im Zusammenhang mit dem Einsatz von und dem Umgang mit Zwangsmaßnahmen. Das Thema Zwangsmaßnahmen in der psychiatrischen Behandlung ist gesellschaftlichen und gesetzlichen Veränderungen unterworfen, was zu begrüßen ist, da dadurch u. a. Chancen bzw. Notwendigkeiten geschaffen werden, Strukturen zu schaffen und auszubauen, die auch geeignet sein sollen, Zwangsmaßnahmen zu verringern (Deeskalations- Schulungen, Home treatment, Einsatz von Peers, individuelle Behandlungsvereinbarungen, Beschwerdemanagement etc. ). Gleichwohl lässt sich feststellen, dass die Einweisungen in kinder- und jugendpsychiatrische Kliniken durch familiengerichtlichen Beschluss (§ 1631b BGB) zunehmen und teilweise auch die Gefahr des inflationären Einsatzes gesehen wird. Im Erwachsenenbereich ist weiterhin ein Trend zur „Forensifizierung“ festzustellen. Im Fortbildungskurs wird die aktuelle rechtliche Situation bzgl. Zwangsmaßnahmen (Unterbringung, Fixierung, Isolierung, Einschluss, Zwangsmedikation, Zwangsernährung etc.) dargestellt und kritisch beleuchtet, auch auf die Situation im Erwachsenenbereich wird eingegangen. Erforderliche Güterabwägungen werden erläutert. „Best practices“ und die Leitlinienentwicklung in diesem Bereich werden vorgestellt, konkrete Möglichkeiten besprochen, wie Zwangsmaßnahmen in Häufigkeit und Intensität verringert werden können und Patientenrechte, Autonomie und Partizipation gestärkt werden können. Ganz praktisch wird es auch darum gehen, wie im Falle der Notwendigkeit der Anwendung von Zwangsmaßnahmen unter Beachtung der o. g. Grundsätze konkret vorgegangen werden kann.
Referent: Christof Loose
Zielgruppe: Die Fortbildung richtet sich an Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen (mit Approbation oder in fortgeschrittener KJP-Ausbildung) sowie an psychologische und ärztliche PsychotherapeutInnen mit Qualifikation/ Tätigkeitsschwerpunkt in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. Vorkenntnisse in Schematherapie sind nicht erforderlich.
Methoden: Freier Vortrag, PowerPoint-Präsentation mit Handout, Bild- und Videopräsentation, praktische Übung in Kleingruppen, Diskussion
Abstract: Schema-Coaching für Eltern ist innerhalb der Schematherapie für Kinder und Jugendlichen (ST-KJ) zu verorten und umfasst ca. 10 (+/-5) Sitzungen in der Regel mit der Hauptbezugsperson des Kindes. Dabei wird das Coaching als eine besondere Form der Erziehungsberatung und therapiebegleitenden Elternarbeit unter besonderer Berücksichtigung der elterlichen Grundbedürfnisse, Schemata und Modi verstanden. Das Ziel des Coachings ist der Aufbau und die Stärkung des sog. Anleitungs- und Fürsorgemodus, der analog zum Clever-Modus beim Kind und zum Modus des gesunden Erwachsenen in der Schematherapie mit erwachsenen Patienten konzeptualisiert ist. Dieser Anleitungs-und-Fürsorgemodus vermag mit schwierigem Verhalten der Kinder sowohl liebevoll-wertschätzend als auch klar-anleitend umzugehen. Dies setzt allerdings voraus, dass nicht eigene maladaptive Schemata (z.B. Versagensschema) und/oder dysfunktionale Modi (z.B. Bestrafermodus) die Interaktion mit dem Kind bestimmen.
Inhaltlich skizziert die Fortbildung zunächst die grundlegende Theorie und zeigt exemplarisch im 9-Stufen-Modell auf, wie elterliche Bezugspersonen für den Erziehungsalltag gestärkt werden können. Zu Beginn werden die elterlichen Ressourcen, Stärken und Errungenschaften erarbeitet, u.a. um die funktionalen Bewältigungsstrategien der Eltern zu erfassen. Die emotionalen Bedürfnisse des Kindes, aber auch der Eltern rücken mehr und mehr in den Vordergrund. Eltern lernen zu verstehen, welche emotionalen Bedürfnisse hinter den Symptomen des Kindes verborgen sein mögen. Ziel ist es dann, die Bedürfnisse auf andere Art und Weise zu befriedigen, so dass das Symptom „überflüssig“ wird. Für die Umsetzung des elterlichen Zielverhaltens werden nachfolgend elterliche Schemata und Modi exploriert, letztlich um die Interaktion zwischen kindlichen und elterlichen Schemata und Modi zu verstehen (Modus-Clashes, Schema-Kollusionen). Ein wichtiges Element des Coachings besteht darin, dass Eltern ihr eigenes, inneres verletzbares Kind imaginär versorgen, bevor sie auf die herausfordernde Situation mit dem realen Kind eingehen. Die Besprechung und Einübung konkreter Handlungsabfolgen komplettieren das Coaching, bei dem die Eltern unter emotional erschwerten Bedingungen das zuvor besprochene Zielverhalten im Anleitungs-und-Fürsorgemodus ausprobieren und einüben können.
Referent: Jochen Gehrmann
Zielgruppe: Ärzte in der Weiterbildung bzw. Kollegen vor bzw. gerade nach ihrer Facharztprüfung
Methoden: Freier Vortrag, PowerPoint-Präsentation mit Handout, Diskussion
Abstract: In den letzten Jahren haben höchstrichterliche Rechtsprechungen dazu geführt, dass bspw. im Unterbringungsrecht nach §1631b BGB viele zusätzliche neue rechtliche Aspekte zu beachten sind.
Gutachten zu erstellen, damit mag aber nicht jeder Kinder- und Jugendpsychiater in der Weiterbildung umfassend vertraut sein. Dabei fehlt es nicht an Fällen in der Klinik bzw. Praxis. Hochstrittige Eltern, chronische Schulvermeidung, junge Heranwachsende mit einem erheblichen Assistenzbedarf: das sind alles praxisrelevante Themen in unserem Berufsalltag. Nicht selten ist dazu eine sachverständige Zusammenarbeit mit Familien- bzw. Vormundschaftsgerichten notwendig. Als multiprofessionelle Netzwerker und Entwicklungspsychiater sind Kinder- und Jugendpsychiater sehr geeignet, sachverständige Begutachtungen durchzuführen. Gerade im Unterbringungs- und Betreuungsrecht taucht diese Aufgabe im Praxisalltag immer wieder auf. Aktuelle rechtliche Entwicklungen bspw. zum Pendelmodell, zum §159 FamFG (Anhörung von Kindern), zum Abs 2. §1631b BGB (Genehmigung von Fixierungen usw.), zur Rolle von Pflegeeltern bzw. zu begleiteten Umgängen von Pflegekindern werden ebenfalls beleuchtet. Der Workshop legt dabei bewusst einen Schwerpunkt auf eine Einführung in die Begutachtung, d.h. er richtet sich vorrangig an Ärzte in der Weiterbildung bzw. Kollegen vor bzw. gerade nach ihrer Facharztprüfung. Konkret werden bspw. die Rolle des Sachverständigen, der Ablauf der Begutachtung, die Verfahrensbeteiligten, Dokumentation, Erstellung des schriftlichen Gutachtens, Erstattung des mündlichen Gutachtens, Abrechnung gem. § 9 JVEG usw. praxisnah besprochen. Der Referent stellt Fälle aus seiner gutachterlichen Praxis vor. Die Teilnehmer können gerne auch eigene Fälle einzubringen. Der Workshop hat sowohl einen Informations- als auch einen kollegialen Dialogcharakter. Ein Skript wird zur Verfügung gestellt.
18. Mai 2022 | 14:00-17:15 Uhr
Referenten: Thomas Lempp, Florian Daxer
Zielgruppe: Menschen, die wir für kinder- und jugendpsychiatrische Begutachtungen begeistern können. Eigene Erfahrung mit Begutachtungen ist wünschenswert, aber keine Voraussetzung.
Methoden: kurze Inputreferate, interaktive Fallbeispiele aus der Praxis, Live-Rollenspiel: „Verhalten und Auftreten im Gerichtssaal“
Abstract: Kinder und Jugendliche im Auftrag von Gerichten zu begutachten kann eine faszinierende Bereicherung der beruflichen Tätigkeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie sein. Voraussetzungen sind:
- so ökonomisch zu arbeitet, dass man nicht unter der zeitlichen Mehrbelastung leidet,
- die Sichtweise der beteiligten Juristen möglichst genau nachvollziehen zu können,
- wichtige juristischen und ethische Fallstricke zu vermeiden,
- sich mit interessierten Kollegen zu vernetzen,
- und schließlich: seine therapeutische, humanistische Grundhaltung auch in dieser Arbeit beizubehalten.
Dieser Fortbildungskurs soll aufzeigen, wie man auf möglichst schnellem Weg, möglichst schlanke, möglichst konkrete KJP-Gutachten erstellt. In einem Live-Rollenspiel soll das Verhalten im Gerichtssaal bei der Gutachtenerstellung erprobt werden, um zukünftig auch mit unangenehmen Zwischenfragen möglichst souverän umgehen zu können.
Referent: Marc Schmid
Zielgruppe: Stationsärzte/-Psychologen, Lehrkräfte, und sozialpädagogische und pflegerische Fachkräfte, die in interdisziplinären Teams arbeiten, ambulant arbeitende Kinder- und Jugendpsychiater /-psychotherapeuten
Methoden: Fallbeispiele, Rollenspiele
Abstract: Die Weiterbildung vermittelt Techniken und Haltungen, welche die Zusammenarbeit auch mit belasteten und milieutherapeutischen Teams erleichtert. Studien unserer Arbeitsgruppe zeigen, dass Symptome von Stress, Burnout und sekundärer Traumatisierung in milieutherapeutischen Teams verbreitet sind. Viele milieutherapeutische Fachkräfte erfahren verbale und körperliche Verletzungen ihrer persönlichen Grenzen durch ihre Klienten. Gerade hoch belastete Teams zeigen recht schnell Ausstoßungstendenzen für psychisch belastete Kinder und Jugendliche, die herausforderndes Verhalten zeigen. Es gibt zentrale Warnzeichen, die ausgebrannte Teams charakterisieren, woraus sich konkrete Ansatzpunkte für die Teamberatung ableiten lassen.
Im Rahmen der Weiterbildung werden Fertigkeiten und Haltungen vermittelt, wie man Fallbezogen emotionalen Beistand geben kann, die Selbstwirksamkeit und Resilienzfaktoren von Teams stärken. Zum Beispiel werden Techniken für die Moderation von Fallbesprechungen vorgestellt und demonstriert. Diese Techniken helfen dabei die „guten Gründe“ für das Problemverhalten zu identifizieren und konkrete Ansatzpunkte für milieutherapeutische Interventionen zu entwickeln. Der Workshop richtet sich nicht nur an Stationsärzte/-Psychologen, Lehrkräfte, und sozialpädagogische und pflegerische Fachkräfte, die in interdisziplinären Teams arbeiten. Sondern auch ambulant arbeitende Kinder- und Jugendpsychiater /-psychotherapeuten die Patienten behandeln, welche in sozialpädagogischen Institutionen leben und gerne intensiver mit den Teams fallbezogen oder supervisorisch zusammenarbeiten möchten sind herzlich eingeladen.
Referent: Filip Caby, Andrea Caby
Zielgruppe: Ärzt:innen in der Weiterbildung zur Nervenheilkunde, Psychiatrie, Psychotherapie oder Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie alle Berufsgruppen die in diesen Bereichen tätig sind. Kolleg:innen vor bzw. gerade nach ihrer Facharztprüfung.
Methoden: Freier Vortrag mit grossem Workshop-Anteil
Abstract: Durch die sozialrechtliche Anerkennung der Systemischen Therapie für Erwachsene ist ST auch für Mediziner relevant geworden. Das Antragsverfahren für die Anerkennung der ST für Kinder und Jugendliche ist gestartet, so dass es in absehbarer Zeit auch in diesem Feld eingesetzt werden dürfte. Der Workshop wird einerseits die Haltung vermitteln, die mit der systemischen Therapie einhergeht und andererseits die Anwendbarkeit im therapeutischen Alltag verdeutlichen. Die Teilnehmer werden Interventionen und die Indikationen dafür kennenlernen und selbst durchführen können. Die relative Leichtigkeit der Systemischen Therapie sollte auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie auch in der Behandlung von schweren Störungen zum Einsatz kommt, weil davon ausgegangen werden kann, dass eine Krankheit immer auch eine gewisse Funktion für die Patient:innen erfüllt. Und die gilt es zu ersetzen! An dieser Stelle ist der Prozess zwischen Patient:in und Therapeut:in von viel Kreativität geprägt! Auch darum wird es im Workshop gehen!
19. Mai 2022 | 08:30-11:15 Uhr
Referent: Daniel Illy
Zielgruppe: Therapeutisch (und pädagogisch) tätige Kolleginnen und Kollegen
Methoden: Videobeispiele, Gruppenarbeiten mit Rollenspielen
Abstract: Die Aufnahme der „Computerspielstörung“, dem abhängigen oder problematischen Videospiel- bzw. Internetkonsum, als Diagnose in die ICD-11 steht unmittelbar bevor. Die Diagnose wurde im Kontext anderer Verhaltenssüchte durchaus kontrovers diskutiert. Gleichzeitig ist der abhängige Gebrauch der sogenannten neuen Medien in aller Munde, aber bislang selbst in Fachkreisen ein wenig beachtetes Randthema.
Es gibt nicht erst seit der Corona-Pandemie einen enormen Therapie- und Aufklärungsbedarf. Videospiel- und Internetabhängigkeit führt bei Kindern, Jugendlichen und (jungen) Erwachsenen oft zu Schulabstinenz und Brüchen im Lebensweg. Zumeist geht sie auch mit anderen psychischen Erkrankungen einher. Vielfach wird dem Störungsbild dabei mit falschen Vorstellungen begegnet. Das kann man ändern. Das Konzept dabei: Therapie auf Augenhöhe, in Kenntnis der Faszination der Medien. In diesem Workshop werden Grundlagen und ein Einblick in das therapeutische Vorgehen anhand des Therapiemanuals “Behandlungsmanual Videospiel- und Internetabhängigkeit: Verhaltenstherapeutisch-orientierte Gruppenbehandlung zur Teilabstinenz bei Adoleszenten – Das „Git Gud in Real-Life“-Programm” praxisnah und umfassend vorgestellt.
Referent:innen: Yulia Golub, Lukas Basedow
Zielgruppe: Therapeuten, Suchttherapeuten, Ärzte, Soz. Arbeiter im Suchtbereich
Methoden: Power Point, Gruppengespräche, praktische Übungen
Abstract: Für Jugendliche mit Substanzkonsumstörungen gibt es wenige standardisierte Behandlungsansätze. Hier greift das manualisierte Therapieprogramm „DrEsdner MuLtimodale TherApie für Jugendliche mit chronischem Suchtmittelkonsum (DELTA)“ ein und bietet einen altersangemessenen, verhaltenstherapeutischen und systemischen Behandlungsrahmen. DELTA unterstützt die Jugendlichen auf ihrem Weg in die Abstinenz und beim Leben in Abstinenz, unabhängig davon, welche Substanz das Hauptproblem darstellt. Der therapeutische Prozess beinhaltet - je nach Setting (ambulant oder stationär) - auch Zwischenziele zur Konsumreduktion und Punktabstinenz, um schließlich vollständige Abstinenz zu erreichen und aufrechtzuerhalten. DELTA besteht aus strukturierten Einheiten für Betroffene und Angehörige. Jugendliche mit Substanzkonsumstörung durchlaufen 16 wöchentliche Gruppensitzungen und 8 einzeltherapeutische Sitzungen in zweiwöchigen Abständen. Eltern werden begleitend im Rahmen von 8 wöchentlichen Eltern-Gruppensitzungen entlastet.
Das Therapieprogramm beinhaltet praxisorientierte Aufgaben, um sowohl die Jugend- als auch die Elternsitzungen effizient und alltagsnah unterstützen zu können. Jugendliche werden in ihrer Abstinenzmotivation gestärkt und bei der Erarbeitung der neuen Fertigkeiten unterstützt, um den Umgang mit belastenden und rückfallauslösenden Situationen zu erleichtern. Für die Elterngruppe stehen außerdem vorgefertigte Präsentationen über suchtspezifische Lernprozesse, psychoaktive Substanzen und familienspezifische Themen zur Verfügung.
Folgende Themenfelder erwarten Sie:
- Wieso? Substanzkonsum im Jugendalter und evidenzbasierte Therapiebausteine
- Was und Wo? Das DELTA-Konzept im ambulanten Rahmen
- Wie? Sitzungsinhalte für Jugendliche, praktische Übungen
- Und die Anderen? Sitzungsinhalte für Angehörige
- Abschließender Austausch
Referentinnen: Monika Schneider, Janina Kitzerow-Cleven
Zielgruppe: Der Workshop richtet sich vorrangig an interessierte Fachpersonen und Therapeuten, die mit Kindern mit Autismus im Kleinkind- und Vorschulalter arbeiten.
Methoden: In diesem Workshop werden Grundprinzipien des A-FFIP vorgestellt und mit Fallbeispielen anhand von Videos veranschaulicht. In Gruppenübungen werden anwendungsbezogen evidenz-basierte Methoden und Techniken sowie das praktische Arbeiten mit dem Manual vertieft.
Abstract: (Früh-)Interventionen für Kinder mit Autismus-Spektrum-Störungen haben sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Neuere Studien zeigen, dass entwicklungspsychologisch fundierte und verhaltenstherapeutisch basierte Verfahren, die das natürliche und selbstmotivierte soziale Lernen in den Vordergrund stellen, besonders wirksam bei der Verbesserung der Autismus-Symptomatik, insbesondere der sozialen Kommunikation, sind. Entsprechend der guten internationalen Studienlagen im Frühinterventionsbereich werden diese Grundprinzipien auch in den 2021 neu erschienen AMWF S3-Leitlinien zur Autismus Therapie für den deutschen Versorgungskontext empfohlen [1]. Das manualisierte und niedrig-frequentierte Frankfurter Frühinterventionsprogramm für Kinder mit Autismus (A-FFIP) wurde auf Basis dieser Prinzipien entwickelt [2]. Das Hauptziel der Förderung mit A-FFIP ist es, Entwicklungspotenziale eines Kindes zu erkennen und spezifisch zu fördern. Dies wird umgesetzt durch die spielerische und strukturierte Förderung entwicklungsrelevanter frühkindlicher Grundfertigkeiten und Autismus-relevanter Entwicklungsbereiche. Hierfür bietet das Manual detaillierte, strukturierte und übersichtliche Übungsvorschläge. Die Übungen sind eingeteilt in unterschiedliche Entwicklungsebenen und werden individualisiert ausgewählt und angewendet. Die Erweiterung des eigenen Handlungsspielraums und damit der Selbstständigkeit durch die Förderung sozial-kommunikativer Fähigkeiten stehen dabei im Vordergrund. Der Abbau herausfordernder Verhaltensweisen wird vorrangig durch den Aufbau noch fehlender Kompetenzen erreicht. A-FFIP ist ein Therapeuten-basiertes Frühinterventionsprogramm, bei dem Eltern und andere Bezugspersonen aktiv mit einbezogen werden. Der Workshop soll den Teilnehmenden eine Einführung in Autismus-spezifisches Arbeiten mit A-FFIP geben sowie Anregungen zur praktischen Implementation des Gelernten bieten.
Referenzen:
[1] Freitag, Christine M.; Jensen, Katrin; Teufel, Karoline; Luh, Marvin; Todorova, Antoaneta; Lalk, Christopher; Vllasaliu, Leonora (2020): Empirisch untersuchte entwicklungsorientierte und verhaltenstherapeutisch basierte Therapieprogramme zur Verbesserung der Kernsymptome und der Sprachentwicklung bei Klein- und Vorschulkindern mit Autismus-Spektrum-Störungen. In: Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 48 (3), S. 224–243. DOI: 10.1024/1422-4917/a000714. (Die vollständigen Therapieleitlinien sind frei abrufbar unter: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/028-047.html)
[2] Teufel, Karoline; Wilker, Christian; Valerian, Jennifer; Freitag, Christine M. (2017): A-FFIP Autismusspezifische Therapie im Vorschulalter. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag.
19. Mai 2022 | 14:00-17:15 Uhr
Referent:innen: Esther Sobanski, Oliver Bilke-Hentsch
Zielgruppe: Assistenz- und Fachärzte*innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, psychologische und pädagogische Psychotherapeut*innen, Sozialarbeiter*innen und andere Fachpersonen
Methoden: Vorträge, Rollenspiele, Kleingruppenarbeit, Videoclips
Abstract: Entsprechend Angaben des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) waren Ende 2020 weltweit knapp 26,4 Millionen Menschen auf der Flucht, davon waren ca. die Hälfte jünger als 18 Jahre. Auch etwa 50% der in Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge sind minderjährig und jeweils ca. 5% sind unbegleitete Minderjährige, die ohne Begleitung und Schutz erwachsener Bezugspersonen geflüchtet und nach Deutschland eingereist sind. Im Jahr 2019 wurden 11.222 Asylanträge in Deutschland von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gestellt.
Flüchtlinge aller Altersgruppen sind einem hohen Risiko für wiederholte und menschengemachte traumatisierende Erfahrungen in allen Phasen der Flucht ausgesetzt. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, von denen bis zu 98% über wiederholte traumatische Erfahrungen berichten, gehören hierbei zur vulnerabelsten Gruppe. Im Durchschnitt berichten nach Deutschland geflüchtete Kinder und Jugendliche acht traumatisierende Ereignisse. Die Prävalenz psychischer Erkrankungen, insbesondere für posttraumatische Belastungsstörungen, depressive Störungen, Angststörungen und Verhaltensprobleme ist deutlich erhöht. Unbehandelt besteht eine hohe Chronifizierungstendenz, Gefahr der sozialen Marginalisierung und mangelnden Akkulturation. Zusätzlich zur Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, Verlust des kulturellen, sprachlichen und sozialen Hintergrunds sowie falls unbegleitet auch der erwachsenen Bezugspersonen müssen minderjährige Flüchtlinge auch altersbezogene entwicklungspsychologische Aufgaben wie zum Beispiel Bildung und Ausbildung, Peer-Group-Integration, Ausdifferenzierung von Geschlechtsidentität und sozialen Rollen bewältigen.
In diesem Fortbildungskurs werden entwicklungspsychologische Aspekte von Traumaerleben und Traumaverarbeitung, ein Überblick über psychische Störungen und evaluierte, kultursensitive Behandlungsmöglichkeiten psychischer Störungen bei minderjährigen Flüchtlingen bzw. Möglichkeiten der Betreuung von häufig mehrfach und in mehreren Generationen traumatisierten Flüchtlingsfamilien mit kleinen Kindern vermittelt. Hierbei werden auch Aspekte wie Zusammenarbeit mit Kulturmittlern/Dolmetschern und der Kenntnisstand zur psychischen Gesundheit und psychosozialen Situation ehemaliger Kindersoldaten sowie Resilienzfaktoren erörtert. Spezifische kulturelle und politische Rahmenfaktoren werden exemplarisch anhand der Situation der Jesiden in Deutschland und der Kosovaren bzw. Eritreer in der Schweiz betrachtet.
Referentinnen: Mari Günther, Milena Siebald
Zielgruppe: Kinder- und Jugendpsychiater_innen und -psychotherapeut_innen
Methoden: Blitzlichter, Video, Präsentationen/Vorträge, Diskussionen, Selbstreflexion, Kleingruppen, ggf. Fallbesprechung
Abstract: In unserem Fortbildungskurs wollen wir uns den besonderen Herausforderungen bei der Begleitung von trans* und nichtbinären Kindern und Jugendlichen im Kontext kinder- und jugendpsychiatrischer/-psychotherapeutischer Behandlungssettings widmen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Forschungslage, dem ICD-11-Diskurs zur Geschlechtsinkongruenz, die nicht mehr als psychische Störung gilt, sowie den Empfehlungen des Deutschen Ethikrates zur abwägenden Individualisierung von Behandlungsentscheidungen bei minderjährigen trans* Personen wird auf die vielfältigen Aspekte der medizinischen Behandlung eingegangen: die spezifischen Anforderungen an Diagnostik und Begleitung sowie deren Grenzen in diesem Bereich werden beleuchtet. Ein weiterer Fokus ist die partizipative Einbeziehung betroffener Kinder und Jugendlicher sowie deren Sorgeberechtigten bei Entscheidungsprozessen (shared decision making). Insbesondere werden Aspekte einer trans*sensitiven Haltung und Kommunikation diskutiert, die zu einer Entpathologisierung von trans* und nichtbinären Personen sowie zum Abbau von deren Diskriminierung im Gesundheitswesen beitragen können.
Referent:innen: Beate Herpertz-Dahlmann, Jochen Seitz, Sophie Altdorf, Brigitte Dahmen
Zielgruppe: Ärzte und Ärztinnen, Psychologen/innen, Fachtherapeuten/innen, Mitarbeiter der Pflege und alle anderen Mitarbeiter, die mit Patienten/innen mit Anorexia nervosa (AN) arbeiten.
Methoden: Anhand von einer Power-Point Demonstration durch in unterschiedlichen therapeutischen Bereichen tätige Mitarbeiter/innen (ambulant, stationär, tagesklinisch, im Home treatment und in der Forschung) werden die unterschiedlichen therapeutischen Ansätze vorgestellt.
Abstract: Die stationären Aufnahmeraten bei AN haben in der Pandemiezeit, insbesondere bei Kindern, erheblich zugenommen. Wie können Zwangsmaßnahmen bei der Behandlung der AN vermieden werden? Es wird in die Klassifikation nach ICD-11 und in Neuerungen bei diagnostischen Maßnahmen auf der Basis der neuen S3-Leitlinien eingeführt, wie z.B. in notwendig gewordene differentialdiagnostische Abklärungen. Des Weiteren werden neue Erkenntnisse für den Nahrungsaufbau, das Zielgewicht und die Osteoporose-Prophylaxe dargestellt. Wie können neue Erkenntnisse aus der Forschung, z.B. zur Darm-Gehirn-Achse und zur Genetik, in die Therapie integriert werden? Wir zeigen eine intensive Kooperationsmöglichkeit mit den Eltern in Form von Psychoedukationsgruppen, gemeinsamen Mahlzeiten, Anleitung durch die Ökotrophologen und Elterngruppen auf. Wie können Patienten auf sehr frühe Wochenendbesuche zu Hause vorbereitet werden? Neue Studien zur vergleichenden Behandlung durch Verhaltenstherapie und familienbasierter Therapie werden vorgestellt. Aufgrund des immer wieder geäußerten großen Interesses wird eine Einführung in die tagesklinische Behandlung und des Home treatment bei AN gegeben. Wir freuen uns auf einen lebhaften Austausch.
20. Mai 2022 | 08:30-11:15 Uhr
Referenten:Michael Brünger, Jan Hendrik Puls
Zielgruppe: Ärztinnen und Ärzte in der Weiterbildung zum Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Fachärztinnen und -ärzte, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen
- Gruppe 1: Gutachten-Einsteiger (keine oder geringe Vorkenntnisse)
- Gruppe 2: Gutachten für Fortgeschrittene (gute Vorkenntnisse)
Methoden:
- Einführungspräsentation zu den Grundlagen (beide Gruppen): § 1631 b BGB, Aufgaben des Gutachters, Abrechnung nach JVEG
- Handout (pdf): Präsentation, Beispielgutachten, Empfehlungen zur Erstellung von Familienrechtsgutachten (Medium bitte mitbringen)
- Sichtung von exemplarischen und problematischen Gutachten
- Gruppe 1: Bearbeitung von Gutachten mit einfachen Anforderungen, Gruppendiskussion
- Gruppe 2: Bearbeitung von Gutachten mit gehobenen Anforderungen (z. B. Abs. 2), Gruppendiskussion
- Abschlussplenum: Fragen, Besprechung mitgebrachter Gutachten, aktuelle Rechtsprechung,
Abstract: Unterbringungen und freiheitsentziehende Maßnahmen während der stationären Behandlung oder im Einrichtungskontext erfordern zwingend eine sachverständige Begutachtung. Die juristische Grundlage ergibt sich aus dem § 1631 b BGB. Meist sind Ärzt*innen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie mit der Erstellung beauftragt. Aber schon während der Facharztweiterbildung zählen die Fragestellungen gemäß § 1631 b BGB zu den häufigsten Gutachten-Themen.
Dieser Fortbildungskurs führt in die Begutachtung ein, erläutert die Aufgaben der/des ärztlichen Sachverständigen und schildert die Erwartungen des Familiengerichts. Besprochen werden konkrete Gutachten der Referenten und der Teilnehmenden (Auswahl). Nach Möglichkeit wird gemäß vorhandener Vorkenntnisse in zwei Arbeitsgruppen gearbeitet.
Angesprochen werden auch die rechtliche Stellung von Minderjährigen und Sorgeberechtigten sowie die Aufgaben des Verfahrensbeistands.
Referentinnen: Reinhild Schwarte, Anna Katharina Alexandridis
Zielgruppe: Der Workshop richtet sich an Psycholog*innen, Ärzt*innen und Bewegungstherapeut*innen, die mit Personen mit Essstörungen arbeiten und Kompetenzen in der Behandlung der Körperbildstörung bei Essstörungen erwerben möchten und Freude an erlebnisorientierter Arbeit haben.
Methoden: Im Workshop wird das aus Körperbilddiagnostik, 20 Therapieeinheiten und 4 Exkursionen bestehende Behandlungskonzept über didaktische Methoden des Vortrags und über die Anleitung zur bewegungs- und körperorientierten Selbsterfahrung vermittelt. Bei den praktischen Teilen handelt es sich sowohl um Elemente aus der Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen als auch um Übungen aus dem Improvisationstheater. Bilder und Videos aus der Körperbildtherapie mit Patientinnen aus der stationären Behandlung dienen ergänzend als Vorlage für ein angeleitetes „Sich-Hinein-Versetzen“ in das Körpererleben und Bewegungsverhalten von Personen mit Essstörungen.
Abstract: Die vorgestellte Körperbildtherapie ist ein Hybrid aus Verhaltenstherapie und Bewegungstherapie bei psychischen Erkrankungen ergänzt um erlebnisorientierte Übungen aus dem Improvisationstheater. Als interdisziplinäres Behandlungskonzept zielt das therapeutische Konzept auf 5 Aspekte zur Steigerung von Körperzufriedenheit, zum Aufbau von funktionalem körperbezogenem Verhalten und zu körperassoziiertem Selbstwerterleben:
- Durch Methoden der angeleiteten wertfreien Wahrnehmung (Bodyscan, Elemente des Yoga u.ä.) werden körperbezogene Achtsamkeit und Selbstwahrnehmung trainiert.
- Arbeitsblatt-geleite Partner- und Gruppenarbeit, insb. mit biografischen Aspekten stärken Selbstreflexion und geben die Möglichkeit zur emotionalen Neubewertung.
- Übungen aus dem angewandten Improvisationstheater dienen der Steigerung der Spontanität und der Flexibilisierung des Verhaltens. Bewegungsspiele und emotionsaktivierende Improvisationsaufgaben ermöglichen ein verändertes Erleben jenseits der alltäglichen Verhaltensskripte.
- Der Austausch in der Mitpatient*innengruppe über symptomspezifische Aspekte sowie über das Erleben der ungewohnten Improvisationsübungen steigert den offenen Umgang über Symptome.
- Das Setzen individueller, verhaltensbezogener Ziele im Gruppenkontext Abbau von Symptomverhalten und Setzen individueller Ziele. Dies wird durch gelebte Gruppenregeln wie ruhiges Sitzen praktisch unterstützt.
Referent:innen: Jörg M. Fegert, Ulrike Hoffmann
Zielgruppen: in Kliniken oder im ambulanten Gesundheitsbereich tätige Psychotherapeut:innen, Ärztinnen/Ärzte aller Fachrichtungen, Pflegekräfte sowie Personen, die für das Qualitätsmanagement in Einrichtungen zuständig sind
Methoden: Input-Vortrag, Bearbeitung von Fallbeispielen und Arbeitsblättern zu Elementen von Schutzkonzepten
Abstract: Bekannt gewordene Fälle von (sexuellen) Übergriffen in Institutionen sowie die Ergebnisse von Befragungen zeigen, dass diese Thematik auch im medizinisch-therapeutischen Bereich eine Rolle spielt. Bei genauerer Betrachtung der Fälle wird deutlich, dass es im Kontext von Krankenbehandlung systemische Gefährdungsfaktoren für (sexuelle) Übergriffe gibt. Es ist deshalb wichtig, dass sich medizinische Einrichtungen mit dieser Problematik auseinandersetzen und Schutzkonzepte entwickeln. Ein Schutzkonzept ist ein System von Maßnahmen, die für einen besseren Schutz vor (sexuellen) Übergriffen in der Organisation sorgen. Auch wenn die Entwicklung von Schutzkonzepten Zeit und Ressourcen benötigt, bringt sie für Institutionen viele Vorteile, wie zum Beispiel ein erhöhtes Sicherheitsgefühl für die Fachkräfte, weil diese somit wissen, wie im konkreten Fall vorgegangen werden muss.
Die Auseinandersetzung mit solchen Fällen sowie die Entwicklung von Schutzkonzepten war in den Institutionen des medizinisch-therapeutischen Bereiches über lange Zeit ein eher marginalisiertes Thema. Mit der Verankerung der Verpflichtung zur Erstellung von Schutzkonzepten in der Qualitätsmanagement-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) müssen sich jedoch nun alle Kliniken und Praxen dieser Thematik stellen.
Der Fortbildungskurs gibt einen Überblick auf mögliche Gefährdungsfaktoren und Risikosituationen im medizinisch-therapeutischen Bereich, stellt Struktur und Elemente von Schutzkonzepten vor und gibt mittels Fallbeispielen und Arbeitsblättern zu einzelnen Elementen von Schutzkonzepten Hinweise zur praktischen Umsetzung. Im Fokus stehen hierbei die Elemente, die der G-BA in der Qualitätsmanagement-Richtlinie vorgibt.
21. Mai 2022 | 08:30-11:15 Uhr
Referentinnen: Beate Linnemann, Sina Jaeger
Zielgruppe: Ärzt:Innen, Psychotherapeut:Innen, Fachtherapeut‘:Innen, Mitarbeiter:Innen des Pflege- und Erziehungsdienstes
Methoden: Theoretische Grundlagen und Praktische Übungen
Abstract: Eine Vielzahl der PatientInnen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie hat traumatisierende Erfahrungen gemacht, vielfach ohne dass diese benannt werden. Vielfache Studien (u.a. die MIKADO-Studie) haben gezeigt, dass sich eine große Zahl der Betroffenen nicht mit ihren Erlebnissen anvertraut, aber auch dass ein hoher Prozentsatz derer, die sich anvertraut haben, im Anschluss nicht ausreichend unterstützt erlebt. Ob wir im klinischen Kontext nun um konkrete traumatische Erfahrungen wissen oder nicht, die typische posttraumatische Symptomatik stellt Stationsteams und Helfersysteme vor große Herausforderungen:
- Übererregbarkeit zeigt sich z.B. als impulsives, entgrenztes Verhalten und durch vielfältige Konflikte mit MitpatientInnen und Erwachsenen,
- unkalkulierbare Impulsdurchbrüche ohne erkennbare / als Trigger verstandene Auslöser erschweren die Begleitung der Verhaltensmodifikation,
- Vermeidungsverhalten lässt oftmals an der Therapiemotivation zweifeln.
Sind Traumata vorbekannt, steigt zwar das Verständnis der professionellen Helfer für die Not der Kinder, gleichzeitig stellt sich aber häufig auch eine große Unsicherheit an, Angst, womöglich Fehler zu machen und die Versuchung ist groß, auf vermeintlich spezialisiertere Zentren oder ambulante Therapeuten zu hoffen. Ziele der Fortbildung sind:
- Wissensvermittlung zu den Entstehungmechanismen der typischen Symptomkonstellationen
- Schärfung des diagnostischen Blickes zur Differentialdiagnose Trauma
- Verständnis grundlegender Behandlungsstrategien
- praktische Übungen zur Regulation des Hyperarousal und zur traumatherapeutischen Stabilisierung bei PatientInnen, aber auch sekundär traumatisierten Helfern.
Referent:innen: Angela Wenzel, Andreas Jakubek
Zielgruppe: Die Fortbildung richtet sich an Interessierte sämtlicher Berufsgruppen, die einen Einblick in die Behandlung und Betreuung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Transitionsbereich in einem außerklinischen geschlossenen Setting an der Schnittstelle zwischen Justiz und (Kinder- und Jugend-)Psychiatrie erhalten möchten. Neben therapeutischen Personal, Ärzt:innen, Psycholog:innen, Mitarbeiter:innen aus dem Pflege- und Erziehungsdienst sind auch herzlich Mitarbeiter:innen aus dem Vollzug, der Jugendgerichte und den beteiligten Institutionen, Polizei sowie sämtlich darüber hinaus Interessierte eingeladen.
Methoden: Neben einem fachlichen Input seitens der Referent:innen und soll der Workshop partizipativ und interaktiv mit (digitalen) Umfragen, Diskussionen, World Café, kritischen Gegenüberstellungen und dem gemeinsamen Lösen von Fallbeispielen anhand typischer Fallstricke der intramuralen Behandlung gestaltet werden. Es wir die Möglichkeit geben aus erster Hand von Erlebnissen der Patient:innen zu erfahren (je nach Entwicklung der Corona-Landesverordnungen ggf. durch Videomaterial oder in Präsenz).
Abstracts: Die Prävalenzrate an psychischen Erkrankungen bei jugendlichen und adoleszenten Straftätern in Haftanstalten ist besonders hoch, dennoch ist die psychiatrische Versorgung in den Jugendgefängnissen als defizitär zu bezeichnen. Als Störungsbilder werden dort neben den (hyperkinetischen) Störungen des Sozialverhaltens insbesondere affektive Beeinträchtigungen, Angststörungen, entwicklungsneurologische Auffälligkeiten sowie Abhängigkeitserkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten in Folge komplexer Traumata und Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis angetroffen. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um komplexe psychiatrische Bilder mit schwerem Ausprägungsgrad, die Behandler und Vollzugsbedienstete gleichermaßen vor hohe Anforderungen hinsichtlich der (differential-)diagnostischen Einordnung und Planung eines Behandlungsregimes stellen. Trotz des hohen Bedarfs werden inhaftierte Jugendliche und Adoleszente nur in seltenen Fällen adäquat (kinder- und jugend-) psychiatrisch versorgt. Oftmals findet eine intramurale Versorgung konsiliarisch und somit nur punktuell für wenige Stunden statt. Die intramuralen Strukturen limitieren zudem die Behandlungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund fehlenden (co-)therapeutischen Personals bei rigiden vollzuglichen Tagesstrukturen. Der Fortbildungskurs soll Einblicke in die Fallstricke der intramuralen psychiatrischen Versorgung unter diagnostischen, (psycho-)therapeutischen und pharmakologischen Gesichtspunkten geben. Anhand von Fallbeispielen erhalten die Teilnehmer Gelegenheit, einen Blick hinter „die Gitter“ zu werfen: Besonderheiten bei der medikamentösen Therapie mit Stimulantien bei hohem Missbrauchspotential, Umgang mit Craving unter entwicklungspsychologischen Gesichtspunkten bis hin zu verhaltenstherapeutischen Strategien im Umgang mit Psychopathy-Merkmalen und dem diagnostischen Vorgehen sollen erörtert und diskutiert werden. Die etablierten Good-Clinical-Practice-Ansätze im intramuralem Transitionsbereich werden interdisziplinär aus jugend- und erwachsenenpsychiatrischer Sicht an konkreten Fallbeispielen dargelegt.
Referentin: Franziska Degenhardt
Zielgruppe: Die Fortbildung richtet sich berufsgruppenübergreifend an Mitarbeiter in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Vorkenntnisse in Genetik sind nicht erforderlich.
Methoden: Freier Vortrag, PowerPoint-Präsentation mit Handout, praktische Übung in Kleingruppen, Diskussion
Abstract: Psychiatrische Erkrankungen haben eine hohe genetische Komponente. Die Aufklärung der genetischen Grundlagen psychiatrischer Erkrankungen (insbesondere bei Intelligenzminderung, Autismus-Spektrum-Störungen, Psychosen) hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Mittlerweile gehört genetische Diagnostik zur Leitlinien-gerechten Abklärung einer Intelligenzminderung (siehe aktuelle AWMF-Leitlinie Intelligenzminderung). In der aktuell gültigen AWMF-Leitlinie Autismus-Spektrum-Störungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter wird ebenfalls genetische Diagnostik bei ausgewählten Patientengruppen empfohlen.
Bei etwa 10 bis 30% der Betroffenen wird durch genetische Untersuchungen eine krankheitsrelevante Veränderung nachgewiesen. Die Diagnose eines zugrundeliegenden genetischen Syndroms hat für die Betroffenen und (Familienangehörigen) potentiell positive Konsequenzen. Hierzu gehören unter anderem: wichtige Information für z.B. das biopsychosoziale Erklärungsmodell der Symptome; Anbindung an Syndrom-spezifische Selbsthilfegruppen und Zugang zu Syndrom-Experten; Anpassung der somatischen Versorgung und in ausgewählten Fällen Modifikation der psychiatrischen Behandlung; Ermöglichung konkreter Angaben zu Wiederholungsrisiken bei Kinderwunsch.
Bisher sind genetische Untersuchungen jedoch nicht regelhaft in den Diagnostikprozess in der KJP integriert. Die Gründe hierfür sind vielfältig; u.a. wird häufig mangelnde Erfahrung mit der Veranlassung genetischer Diagnostik und fehlende Grundlagenkenntnisse der klinischen Genetik genannt.
Im Rahmen der Fortbildung wird ein Überblick über die klinisch relevanten Aspekte der Genetik erarbeitet, Informationen zum Ablauf der genetischen Diagnostik in Deutschland (u.a. gesetzliche Rahmenbedingungen, Finanzierung) gegeben und anhand ausgewählter Fallbeispiele der Benefit einer genetischen Diagnostik für den betroffenen Patienten/seine Familie gegeben.